Sie sucht Menschen, die mitmachen und Interesse daran haben, etwas ganz Neues aufzubauen. Nach Menschen, die Demenzkranken die Möglichkeit geben wollen, so “ normal “ wie möglich zu leben. Ulrike Mundt ist Inhaberin Ihrer Firma „Demenzbegleitung Mundt“ und zudem engagiert sie sich beim Demenz Info Center e.V. (DIC) in Hilden. Ulrike macht den Anfang einer neuen Serie beim Pflegeblogger, bei dem Personen aus den verschiedensten Gebieten der Pflege in Interviews aus ihrem Berufsleben erzählen. Ich habe Ulrike bei Xing angeschrieben und sie hat sich sofort bereit erklärt, mitzumachen.
Ulrike, vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview nimmst. Ich möchte den Lesern des Blogs, darunter ist sicherlich auch so manche Person, die sich für eine Tätigkeit in der Pflege interessiert, gerne Einblick in unterschiedliche Tätigkeiten geben. Wann und warum hast du dich entschieden, einen Beruf in der Pflege-/Gesundheitsbranche zu ergreifen?
Ich war in meinem vorherigen Beruf bereits Lebensbegleiter. Ich habe mich nicht bewusst dazu entschieden. Eigentlich ist er mir eher zugefallen. Ich war Ende 20 und es stand eine Umorientierung an. Es war eine Pflegedienstleitung, die mir damals, aufgrund bestimmter Fähigkeiten, nahelegte, die Ausbildung zu machen. Das bestätigte später dann die Schulleitung. Innerhalb der Ausbildung machten mir dann einige Fächer großen Spaß. Und so ging es dann weiter.
Du bist über verschiedene Stationen, unter anderem einer Tätigkeit im Krankenhaus, so weit gekommen, dass du schließlich deine eigene Firma gegründet hast. Wie kamst du dazu? Was sind die Vor- und Nachteile einer Selbständigkeit?
Ich habe gerne im Team gearbeitet und wir hatten viel Spaß zusammen. Bis jetzt habe ich auch immer noch Kontakte zu vielen Häusern, oft durch Kollegen, ehemalige Schüler oder Praktikanten. Ich wollte jedoch Erfahrungen in den verschiedenen Bereichen der Seniorenarbeit sammeln, um Dinge miteinander zu verbinden. Es war mir klar, dass ich Fähigkeiten, die ich bei den Menschen z.B.in der Beschäftigung erkenne, auch in der Pflege einsetzen kann. Leider änderten sich die Begriffe von Pflege/ Betreuung u.a. sehr zum Nachteil für alle Beteiligten. Irgendwann musste ich mir die Frage stellen, ob ich den Pflegealltag, so wie er heute aussieht, mittragen will, so verantworten kann. Das war dann mein Ausstieg, das dauerte allerdings etwas.
Ich kann mich heute auf den einzelnen Menschen einlassen, meine Arbeit individuell gestalten. Ich kann anhand der verschiedenen Erfahrungen einige Dinge miteinander verbinden, den Menschen in den Mittelpunkt stellen und meine Ideen umsetzen, neue Dinge anregen. Das kommt den Menschen sehr entgegen und macht großen Spaß. Und ich kann nach eigenen Zeiten arbeiten, damit entscheide ich natürlich auch über meine freie Zeit, mein Einkommen und im Endeffekt auch über meine Gesundheit.
Ich habe natürlich kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, das gibt es jedoch sowieso immer seltener, längeren Urlaub vermisse ich aber schon. Ich muss natürlich für meine Sozialabgaben selbst sorgen und bin für meine berufliche Tätigkeit, bei allem was ich tue oder nicht, auch selbst verantwortlich.
Was beinhaltet dein Beruf als Demenzbegleitung nun? Welche Aufgaben übernimmst du, mit welchen Personen arbeitest du zusammen und welche Verantwortlichkeiten gibt es evtl.?
Ich begleite Menschen, die an Demenz erkrankt sind, durch ihren individuellen Alltag. Wir besprechen die Möglichkeiten und Grenzen der Erkrankung. Weiterhin die Gestaltung des Alltags und alles was damit zu tun hat. Ich unterstütze die Erkrankten und deren Familien und vermittle sozusagen nach außen. Ich versuche ein Netzwerk um die einzelnen Familien zu stricken. Ich versuche mit den Institutionen zusammen zu arbeiten, die ebenfalls als eine weitere Unterstützung gesehen werden können. So erkennt der Kranke, dass er weiterhin als wertvoller Mensch angenommen wird, das stärkt sein Selbst- Bewusst –Sein. Ich arbeite mit allen Institutionen zusammen, die etwas mit Menschen zu tun haben, z.B. Ärzte, Gerontologen, Ämter, Krankenkassen, LV Alzheimer NRW, Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, ambulante Pflegedienste, Freizeitgemeinde Behinderte / Nichtbehinderte, Stadt Hilden, etc. Jeder arbeitet eigenverantwortlich.
Neben deiner Demenzbegleitung engagierst du dich auch ehrenamtlich beim Demenz Info Center in Hilden, leitest unter anderem den „Klön Treff“. Kann man aus deinem Engagement ableiten, dass dir dein „Job“ viel Spaß macht? Was sind die Gründe dafür?
Ja, meine Arbeit macht mir sehr großen Spaß, ich habe dort ein tolles Team aufgebaut, multikulturell, multiprofessionell und intergenerativ und wir bekommen viel zu lachen. Jeder kennt seine Arbeit und es gibt tolle Vorschläge, es ist ein sehr schönes Miteinander. Klar gibt es auch kleinere Diskussionen, das regelt sich aber recht schnell. Die Hilfe und das Verständnis untereinander ist auch wichtig, jeder hat mal einen schlechten Tag oder Probleme mit den Kindern.
Wir bauen etwas, mit den Betroffenen und für betroffene Menschen mit Demenz, auf und bekommen sehr viel Dankbarkeit, Herzlichkeit und Fröhlichkeit zurück.
Wenn junge Leute, die vor der Berufswahl stehen, dich fragen würden, ob sie sich für einen Beruf im Pflege-/ Gesundheitswesen entscheiden sollen – was würdest du ihnen raten? Und würdest du den gleichen Rat reiferen Personen geben, die sich nach einer neuen Aufgabe umsehen?
Ich würde fragen, warum sie diesen Beruf ausüben wollen und wie der Alltag wohl aussehen könnte. Außerdem würde ich in einer Unterhaltung zunächst einige Dinge besprechen, z.B. Würde, Respekt, Achtung, Selbstbestimmung, eigene Grenzen, Biographien und ich würde versuche,n die Lage der Kranken nahe zu bringen.(Learning by doing.) Dies betrifft beide Gruppen.
Bei jüngeren Menschen würde ich mein Augenmerk noch mehr auf biographisches Arbeiten legen, selbst welche ausarbeiten lassen, Collagen dazu ausarbeiten lassen, dazu würden natürlich auch Zeitgeschehen, Milieu.. u a …gehören. Nur so kann Verständnis für die Situation des anderen geschult werden. Dann würde ich ein Praktikum MIT ANLEITUNG vorschlagen. Ich habe mir immer viel Mühe mit meinen Schülern / Praktikanten gegeben, schließlich bilden wir unsere späteren Kollegen aus. Und schaut wie es die anderen machen / über den Tellerrand / in anschließenden Berufsgruppen, sammelt Erfahrungen und bastelt aus allem, was ihr gelernt und gesehen habt, eure eigene Betreuung, bleibt offen und aufgeschlossen.
Und wenn es nicht dieser Berufsweg ist, vielleicht nur ein anderer Zweig.
Du kannst auf viele Jahre Berufserfahrung in der Pflege zurückblicken. Welche Eigenschaften sollte man unbedingt mitbringen, um Spaß am Job zu haben?
Eine positive Grundeinstellung, Respekt und Achtung vor anderen, die Bereitschaft sich selbst zu hinterfragen, die Fähigkeit sich auf andere einzulassen, sich nicht zu ernst zu nehmen, Teambereitschaft, die Bereitschaft auf andere zuzugehen, Ruhe, Gelassenheit, Offenheit, eine ordentliche Portion Optimismus und Visionen.
Werden wir zum Schluss kurz politisch: Was ist deine Meinung zur momentanen Situation in der Pflege? Was hat sich in den letzten Jahren geändert und was müsste sich eventuell in Zukunft ändern?
Die Pflegeversicherung hat sich mit dem niedrigschwelligen Betreuungsangebot schon verbessert, leider noch nicht genug. Ebenso ist das Zeitkontingent ein großes Problem. Die Ausbildungen ( AP/ KP / KS / Ärzte/……) müssten sich grundlegend ändern. Es sollten verschiedene Berufsgruppen mit einbezogen werden, auch ganzheitliche Sichtweisen gehören dazu. Auf psychologische Erkrankungen, vor allem auf die Demenzen (aber auch Parkinson MS, Behinderte,….) muss mehr eingegangen werden. So ist das Personal komplett überfordert und kann nicht adäquat handeln. Probleme sind vorprogrammiert.
Liebe Ulrike, vielen Dank für die vielen Antworten. Ich wünsche dir weiterhin alles Gute auf deinem Berufsweg und im Privaten.
Danke gern geschehen.
Wir weisen als Dank für dieses ausführliche Interview an dieser Stelle gerne auf Ulrikes Webseite hin: