„Im Netz der Pflegemafia“ heißt das erste Buch von Claus Fussek und Gottlob Schober von 2008. Die beiden Autoren widmen sich, in einer Art Klageschrift, den Missständen in deutschen Pflegeheimen. Jetzt, 5 Jahre später, betrachten sie die Situation erneut.
Was hat sich geändert? Hat sich etwas verändert? Hat sich die Situation verbessert? Die Antwort von Fussek und Schober lautet: Nein! Nach fünf Jahren haben die beiden Autoren daher ein zweites Buch geschrieben. Titel: „Es ist genug. Auch alte Menschen haben Rechte“.
Nach wie vor ist die Pflegesituation in vielen Heimen katastrophal. Die Bewohner werden oft nur notdürftig betreut, das Personal ist unterbesetzt und überlastet. Grund genug für das Autoren-Duo 20 Grund- und Menschenrechte für alte und pflegebedürftige Menschen zu formulieren. Hierunter finden sich eigentlich banale Forderungen wie ausreichend Essen und Trinken oder das Recht auf den Gang zu Toilette. Was so selbstverständlich erscheint, ist leider immer noch Alltag in einigen deutschen Pflegeeinrichtungen – Pflegenotstand par excellence.
Pflege-TÜV – kommt jetzt der Durchbruch?
Immerhin eine der Forderungen aus „Im Netz der Pflegemafia“ wurde in Form des Pflege-TÜVs in die Tat umgesetzt. Zumindest im Grundsatz. Die Umsetzung ist nicht dass, was man sich unter einer regelmäßigen, unabhängigen und vor allem unangemeldeten Kontrolle vorgestellt hatte. Und so wurde auch aus einer guten Grundidee ein sinnloses Verfahren, das die Dokumentationen der Heime kontrolliert. Wie die Realität dabei aussieht interessiert im Pflege-TÜV recht wenig. Viele Heime haben Bestnoten erzielt, auch wenn der Heimalltag anderes zu Tage förderte. Die Gewichtung bei der Auswertung der Ergebnisse war nicht nachvollziehbar. So reicht es beispielsweise schon, wenn ein Heim angibt, dass Wunden nach den aktuellen medizinischen Standards behandelt, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Der Hamburger Gesundheitswissenschaftler Johannes Möller hat das Notensystem untersucht und festgestellt, dass es dort, wo es wirklich drauf ankommt, meist schon reicht, wenn ein Heim die Mindeststandards erfüllt.
Die Kritik am Pflege-TÜV ist seit Jahren schon niederschmetternd – und doch hat sich kaum etwas getan. Seit dem 20. Januar 2014 gibt es eine überarbeitete Fassung des Pflege-TÜVs. Einige Punkte sollen stärker in den Fokus gerückt und entsprechend stärker bewertet werden und Bestnoten nicht mehr so leichtfertig vergeben werden. Insgesamt wurde der Bewertungsbogen von 82 Einzelkriterien auf 77 gekürzt. Auch die Gewichtung der Stichproben soll anders ausfallen.
Doch auch die überarbeitete Version stößt auf geringe Zustimmung und wenig Begeisterung bei Kritikern. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, kritisiert, dass die Änderungen keine wirklichen Verbesserungen bringen. In seinen Augen werden Missstände in Pflegeeinrichtungen noch immer nicht aufgedeckt, sondern vertuscht. Seine Forderung ist ein neuer Pflege-TÜV unter Beteiligung von Patientenvertretern.
Pflegepersonal ist wichtig und gefragt wie nie
Der Pflegenotstand hat aber auch etwas Gutes – sofern man das so sagen kann. Die bestehende Not macht erfinderisch. Neben den Versuchen der Politik, eine Lösung für das bestehende Problem zu finden, gibt es kleinere Unternehmen und Heime, die neue Konzepte erstellen und ihren Patienten und deren Angehörigen verschiedene Möglichkeiten bieten, gute Pflege in Anspruch zu nehmen – und auch zu bekommen.
Es ist daher immer noch zwingend erforderlich, dass auch weiterhin genügend motivierte und engagierte Nachwuchskräfte ihren Weg in die Pflege finden. Die Jedermann Gruppe hat zu diesem Thema eine Infografik erstellt. Diese zeigt noch einmal Vorteile der Arbeit in der Pflege und die aktuellen Gegebenheiten in der Pflege auf einen Blick.
Quelle: Der Pflegenotstand – Warum es sich lohnt, im Pflegebereich zu arbeiten